Die Gundrebe – so hat die Pflanze bereits im Althochdeutschen geheißen – ist eine aromatisch riechende Pflanze, die im vergangenen Jahr bei uns im Übermaß gewachsen ist. Die unscheinbaren, an Efeu erinnernden Blätter, der kriechende Wuchs, die dezenten violetten Blüten und deren charakteristischer Duft ermöglichen eine leichte und sichere Identifikation. Und das kleine Pflänzchen hat allerlei zu bieten.
Die Pflanze wurde früher Hedera terrestris, also als Erdefeu bezeichnet; heute lautet der lateinische Name Glechoma hederacea. Volkstümlich sind eine Vielzahl an Namen bekannt wie Grundräbli (Schweiz), Gondelkraut (Böhmerwald), Gunnelreif (Eifel), Gunnröbe (Kärnten), „Guck durch den Zaun“, Blauhuder, Donnerrebe, Gartenhopfen und – wegen der Verwendung als Gewürz im Bier – oder als Soldatenpetersil (Österreich, Bayern) in Suppen. Die Pflanze ist ein schmackhaft aromatisches Kraut, das an vielen Standorten sogar den Winter über zu finden ist. Seit März treibt sie frisch und üppig aus und blüht dann von April bis Juni.
Botanisch ist Glechoma ein Lippenblütler, der Stängel ist typisch vierkantig und behaart, die Blätter stehen kreuzgegenständig, sind nieren- bis herzförmig, stumpf gekerbt und bis rotviolett überlaufen. Die Pflanze blüht an den 10 bis 20 cm aufsteigenden Trieben in violetten Lippenblüten mit dunklen Flecken an der Unterlippe. Aus den Nodien treiben Wurzeln aus, wodurch das Kraut dahinkriecht und duftende Teppiche entstehen. Der Duft lässt das enthaltene ätherische Öl erkennen. Charakteristisch für die Familie sind auch die vorhandenen Lamiaceengerbstoffe, welche austrocknend wirken und auf Anwendung bei Durchfall hinweisen. Gesammelt werden die oberirdischen Teile, die als Tee, Tinktur, als Frischpflanzensaft, Milch- oder Essigauszug sowie als Wein genutzt werden. Häufig ist die Kombination mit Schafgarbe, Wermut und Kräutern für das Bronchialsystem wie etwa mit Huflattich oder für die Niere wie zum Beispiel mit Schachtelhalm sowie mit Milzpflanzen wie dem Erdrauch. Der Soldatenpetersil wird als Gewürz- und Wildkraut in die Gründonnerstagssuppe gegeben oder in einer Palatschinke mitgebacken. Junge Blättchen mit Trieben und Blüten werden als Zutat für Rohkostsalate, Frischkäseaufstriche oder Kräuterbutter verwendet. Das Kraut in Butter gedünstet, auch wie Spinat geschmort, ist schmackhaft und gesund. Früher wurde es Schaffleischeintöpfen hinzugefügt, um den charakteristischen Geschmack des Fleisches ein wenig zu dämpfen. Zudem galt es als wichtiges Würzmittel für Schaf- und Ziegenkäse sowie von Bier. Neben Vitamin C sind zahlreiche Mineralien wie Eisen, Kalium, Jod, Phosphor und Kupfer enthalten.
Die Pflanze ist in Europa beheimatet, jedoch nicht in Griechenland und dem südlichen Italien; fraglich ist daher, ob den Römern und Griechen dieses Heilpflänzchen bekannt war. Gesichert scheint die Beliebtheit der Gundelrebe unter den Germanen. Das Pflänzchen, dem geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben wurden, war entsprechend geschätzt. An alten Häusern wachsend, sah man daran den Sitz der guten Hausgeister und deren Ausstrahlungen. In der mittelalterlichen Literatur wird das Gondelkraut vielfach empfohlen. Dieser Lippenblütler ist ein Wundheilkraut: Neben Umschlägen aus Tee oder Presssafttinktur werden Ölauszüge und Salben genutzt. „Guck durch den Zaun“ fördert die Coctio, reguliert die Verdauung und wird bei den verschiedenen Formen der Skrofulose verwendet. Die Pflanze dient dem Lösen von Stauungen wie Bronchitiden mit reichlich festem Auswurf, da sie zähe Feuchtigkeit mindert. Leber und Milz werden geöffnet, entstaut und erwärmt, die Milzfunktion gestärkt. Der Lymphfluss wird angeregt, übermäßige Feuchtigkeit sowie schwarz- und gelbgallige Schärfen reduziert. Zubereitungen helfen bei Ausfluss, schweren Geburten und fördern als Emmenagogum den Fluss der Blum. Die Wirkung entfaltet sich insbesondere auf den Schleimhäuten des Unterleibs, der Blase und der Lunge. Psoriasis und neurasthenischen Beschwerden sind damit zu lindern. Zur Blauhuder wird gegriffen, wenn die Beschwerden durch „Altlasten“ verursacht werden – „Gund“ bedeutet im germanischen Eiter. Weitgehend unbekannt scheint heute die frühere Nutzung bei Arbeitsüberlastung zu sein. Eingenommen als Tonikum werden Körper und Psyche gestärkt; dieses Heilkraut gilt als Antidyskratikum, das eine Normalisierung des Stoffwechsels bewirkend.
Und nun nochmals zu Namen: Was ist sie nun – Gundermann oder Gundelrebe? Die Blüten sind lila, die Blätter oft blauviolett überlaufen und zeigen durch ihre Farbe die Prägung der Venus. Der betörend, wässrige Geruch ist Ausdruck des Mondes. Sie kriecht im Wachstum ohne Tendenz für ein Ziel dahin; es fehlt ihr also an Richtung und somit an Mars. Eine Dame ist sie folglich, zumindest ihrer Signatur nach. So oder so, sie kann als Salat und spinatartiges Gemüse genossen, als Wein getrunken oder als Tinktur eingenommen wer-den. In jedem Fall bietet die Gundelrebe mehr für unsere Gesundheit, als man ihr auf den ersten Blick zutrauen würde.
Gundelreben- Ölauszug
- Gundelrebenkraut in der Blüte
- Öl – ideal ist hochwertiges Olivenöl oder Sonnenblumenöl
Die Gundelrebe wird locker in ein Glas gefüllt und mit Öl bis an die Kante übergossen. Das Öl mazeriert direkt in der Sonne für 10 Tage. Anschließend wird abgeseiht. In einem frischen Glas lässt man die Phasen für 2-3 Tage trennen und gießt dann vorsichtig die Ölphase ab.
Für eine Salbe wird die Pflanze in Öl im Wasserbad heiß ausgezogen und anschließend mit Bienenwachs eingedickt. Verwendung bei Wundeiterungen und hartnäckigen Hautproblemen.
Tipp: Durch den Zusatz geringer Mengen Harzsalbe lässt sich das Öl natürlich konservieren.
Gundelrebenwein
- 1-2 Handvoll Gundelrebenkraut
- 0,75 l Weißwein, säuerlich
- 50-80 g Honig, so erwünscht
Der Wein wird zum Sieden erhitzt, das Kraut beigemengt und 5 bis 10 Minuten wallend gekocht. Anschließend wird der Auszug stehen gelassen bis er abgekühlt ist, dann abgeseiht und das Kraut gut ausgepresst. Nach Wunsch kann nun mit Honig gesüßt werden.
Eingenommen wird kurmäßig 2-3 x täglich ein Likörglas. Im Kühlschrank beträgt die Haltbarkeit ca. vier Wochen.
Tipp: Der Wein lässt sich leicht durch andere Heilkräuter erweitern. Bei Lungenproblemen wird ein Teelöffel Angelikawurzel zugesetzt, bei Blasen und Nierenprobemen ein Eßlöffel Schachtelhalm.
Gundelreben-Wildkräuterspinat
- Je eine Handvoll Gundelrebe (nach Wunsch mehr), Brennnesselblätter, Blattspinat
- 1 kleine Zwiebel, geschält
- 2-3 Stück getrocknete Paradeiser
- 1 EL grob gehackte Walnüsse
- Butter oder Öl
- Salz, Pfeffer nach Geschmack
Die Gundelrebe wird von etwaigen Fremdbestandteilen wie Gras oder Erde befreit, nur im Notfall gewaschen. Die Zwiebel wird klein geschnitten und in etwas Butter glasig angebraten, die getrockneten Paradeiser gehackt. Paradeiser, Wildkräuter und Spinat werden zum Zwiebel hinzugefügt und in der eigenen Feuchte kurz gedünstet, abschließend mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Die Nüsse werden in einer extra Pfanne ohne Fett geröstet.
Angerichtet wird der Spinat auf frischen Gebäckscheiben (als Vorspeise) oder an frischer Pasta (Hauptgericht), mit den Nüssen garniert.