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Die Milz – ein fast vergessenes Organ

Teil 3

Zum Abschluss möchte ich Ihnen sechs Heilpflanzen vorstellen, die einen besonderen Wirkungsbezug zur Milz haben: Ceanothus americanus, Grindelia robusta, Scolopendrium vulgare, Fumaria officinalis, Borago officinalis, Scilla maritima (Aktuell: Drimia maritima)

Ceanothus americanus

  • Deutsche Namen: Säckelblume, Amerikanischer Seckelstrauch
  • Galenik: Ceantothus ø, oder potenziert, optimale Wirkung als Ceanothus D2
  • Humorale Qualität: w 2 / f 2
  • Wirkungskriterien: Erwärmend, befeuchtend, eröffnend
  • Säftebezug: Fördert die Ausscheidung der Schwarzgalle durch die Milz.
  • Indikationen: Chron. Anämie (gut in Kombination mit Urtica), eröffnet die verstopfte Milz und Leber. Vergrößerte, harte Milz mit Schmerzen im linken Oberbauch, depressive Stimmung
  • Besonderheiten: Pflanze wird in der alten Literatur nicht erwähnt. Die Angaben sind Rückschlüsse aus der praktischen Anwendung und homöopathischer Literatur.
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Dunkle Verbreiterung des Ziliarrandes, beige, graue, schwarze Pigmentierung (topolabil)
  • Konstitutionstherapie: Anämische Konstitution, melanchologene Konstitution

Grindelia robusta

  • Deutsche Namen: Grindelia, Grindeliakraut, Milzkraut
  • Galenik: Hb. Grindeliae, Grindelia ø, homöopathische Potenzen, spagyrische Zubereitungen
  • Anwendungsmöglichkeiten: Hb.: Infus (1 gehäufter TL pro 0,25 l Wasser, 5 Min. ziehen lassen)
  • Humorale Qualität: w2 / t2
  • Säftebezug: Erwärmt und leitet zähen, rohen Schleim aus
  • Indikationen: Chron. Bronchitis, Asthma bronchiale, Lungenemphysem (Chronische Lungenerkrankungen, bes. Asthma bronchiale auf der Basis einer Milzschwäche), Milzschwellung, Seitenstechen
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Stauungsradiären oder – transversalen im Milzsektor, Krankheitsbezug Milz – Lunge
  • Besonderheiten: Die Pflanze wird erst seit Ende des 19. Jahrhunderts in Europa als Heilpflanze verwendet. Daher findet man in der alten Literatur keine Angaben.
  • Die aufgeführten humoralen Qualitäten leiten sich aus der Wirkungsweise ab.
  • Konstitutionstherapie: Melanchologene Konstitution, katarrhalisch-rheumatische Konstitution

Scolopendrium vulgare

  • Deutsche Namen: Gemeine Hirschzunge, Hirschzungenfarn
  • Galenik: Hb. Scolopendrii, Scolopendrium ø, Homöopathische Niedrigpotenzen, spagyrische Zubereitungen
  • Anwendungsmöglichkeiten: Hb.: Infus (1 gehäufter TL pro 0,25 l Wasser, 5 Min. ziehen lassen)
  • Humorale Qualität: k 2 / t 2 (?) Diese Angabe in der traditionellen Literatur muss angesichts des therapeutischen Einsatzbereiches der Pflanze kritisch hinterfragt werden. Die praktische Anwendung lässt w1 / f1 erkennen.
  • Wirkungskriterien: Entstauend, zusammenziehend, verdünnend
  • Säftebezug: Trocknet und verzehrt zähen Schleim, kühlt unnatürliche Hitze, zerteilt melancholische Säfte
  • Indikationen: Wichtiges Milzmittel: Milzverstopfung, Milzschwellung, Milzsucht, Seitenstechen, Leberverstopfung, plethorische Zustände von Leber und Milz (Pfortaderstauung), Magenschmerzen: Erwärmt und trocknet den Magen von Schleim
  • Blutige Durchfälle und andere Bauchflüsse, Beschwerden durch melancholisches Phlegma: Schwere Träume, Schwermut, Traurigkeit, reinigt das Blut, stärkt das Herz
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Krausenektasierung im Milz-Sektor (li. Auge, 4 Uhr), Transversalen im Milz-Sektor (Alle Plethora-Zeichen)
  • Konstitutionstherapie: Melanchologene Konstitution, plethorische Konstitution, Skrofulose

Eine geradezu geniale Kombination von Pflanzen, die den Bauchraum entstauen (Plethora der Pfortader), enthält das Scolopendrium Spezial der Fa. Nestmann*. In diesem Mittel ist die Hirschzunge (Entstauung der Milz) kombiniert mit der Mariendistel (Entstauung der Leber), dem Wurmfarn (Entstauung der Darmlymphe) und der Taubnessel (nimmt Schärfen aus dem Schleim, dämpft dadurch Reizungen).

* Das Mittel ist unter dieser Bezeichnung in Deutschland nicht mehr im Handel, kann aber in Deutschland als “Sonderrezeptur Mischung 275 Nestmann” in einer Mindestmenge von 1 Liter von Apotheken bei dem Hersteller bezogen und auf Rezeptur durch einen HP (oder Arzt) an Patienten abgegeben werden.

Fumaria officinalis

  • Deutsche Namen: Erdrauch, Ackerrautenkraut, Grindkraut, Tabernaemontanus: Taubenkropff
  • Galenik: Hb. Fumariae, Tct. Fumariae, ø, homöopathische Potenzen, spagyrische Zubereitungen
  • Anwendungsmöglichkeiten: 1 TL / 0,25 l Wasser, Infus über 10 Min.
  • Humorale Qualität: w 1 / t 2
  • Wirkungskriterien: Zerteilend, verdünnend, durchdringend, eröffnend, stärkend, eröffnet verstopfte Eingeweide, bes. Magen, Milz und Leber
  • Säftebezug: Besänftigt die Gallen (Cholera und Melancholera), leitet versalzene und verbrannte Feuchtigkeit aus. Reinigt das grobe, dicke, unreine, melancholische und verbrannte Blut über Stuhl und Harn. Verhindert die Neubildung pathologischer Säfte.
    Fumaria ist eine der wenigen Pflanzen, die sowohl cholerische, als auch melanchcholische Säfteverunreinigungen ausleiten kann.
  • Indikationen: Gelbsucht, Wassersucht, Chron. Ekzeme (“Grind, Krätze”), hyperkinetische Syndrome des Magen – Darm – Traktes und des Leber – Galle – Systems, Bleichsucht
  • Besonderheiten: „Diese Arzney reiniget das unsauber / dick / melancholisch Geblüt dermaßen / dass sich zu verwundern / führet darneben auß die Gall / alle cholerische und faule verlegene Feuchten und verhütet vor vielen schädlichen Krankheiten: Es sollte ein jeder / der seine Gesundheit lieb hätte / ihme diese Arzney / als einen theuren Schatz lassen befohlen seyn.“ (Tabernaemontanus)
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Reizfasern im Leber – Galle und / oder Milzsektor
  • Konstitutionstherapie: Melanchologene Konstitution (mit Reizfasern im Milzsektor), chologene Konstitution

Borago officinalis

  • Deutsche Namen: Borretsch, Gurkenkraut
  • Galenik: Hb. Boraginis, Borago ø, spagyrische Zubereitungen
  • Anwendungsmöglichkeiten Droge: Infus, (1 gehäufter TL pro 0,25 l Wasser, 5 Min. ziehen lassen). In der alten Heilkunde wurden die Blüten viel verwendet. Dies ist aber nur für Menschen möglich, die an frische Blüten gelangen können, weil diese nicht über die Apotheken verfügbar sind.
    Häufig empfohlene Zubereitung: Auszug in Wein. Blätter und Blüten als Gewürz (macht Gurken verträglicher) oder in Salaten.
  • Humorale Qualität: w 2 / f 2
  • Wirkungskriterien: Reinigend, erweichend
  • Säftebezug: Korrigiert melancholische Säfte, reduziert überhitzte Gelbgalle
  • Indikationen Int.: Stärkt das Gedächtnis und das Herz und wendet die melancholische Traurigkeit vom Herz ab. Reinigt das Blut von Melancholera und Cholera, Traurigkeit, Melancholie. Herzzittern (Tachycardie, Extrasystolen) durch Hitze: Hb und Flor. Infus in Wasser; Herzzittern durch Kälte: Hb und Flor. Infus in Wein; Trockener Husten; Rauheit des Halses; Hitzige, hartnäckige Fieber; Kopfschmerzen durch Hitze; „Der gestoßen Saamen in Wein getrunken / bringet den Weibern die versiegende Milch wieder.“
    Ext.: Gurgelmittel bei allen Krankheiten von Hals, Mund, Zunge, Zahnfleisch, Heiserkeit; Rote hitzige Augen: Auflage
  • Besonderheiten: „Welchen Menschen von melancholischen Dünsten das Hirn ausgetucknet ist / der nemme Borragen und Erdrauchsaft / netze einen Schwamm oder leinen Tüchlein darinn / und lege sie über das Haubt.“ (Tabernaemontanus)
    Angesichts der großen unbewältigten Melancholie unserer Zeit (Psychopharmaka – Abusus !) ist Borrago eine Heilpflanze, die unbedingt wieder mehr Beachtung in der Therapie verdient!
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Alle Zeichen im linken Auge, die den Milz-Sektor mit dem darüber liegenden Herz-Sektor „verbinden“
  • Konstitutionstherapie: Melanchologene Konstitution. atonisch – asthenische Konstitution

Scilla maritima (Aktuell: Drimia maritima)

  • Deutsche Namen: Meerzwiebel
  • Galenik: Scilla D4, andere Galenika sind rezeptpflichtig oder nicht mehr erhältlich.
  • Humorale Qualität: w3 / t3
  • Wirkungskriterien: Ausleitend, Eröffnend, zerteilend, durchdringend, reinigend, verdünnend
  • Säftebezug: Zerteilt und leitet kalte, zähe Feuchtigkeit aus.
  • Indikationen: Ödeme, Wassersucht: Leitet die Feuchtigkeit aus. Eröffnet Milz und Leber, treibt Schleim und Schwarzgalle über den Stuhl aus. Schwerer Atem, Erstickungsgefühl durch Schleim in der Brust
  • Wirkstofforientierte Phytotherapie: Tachykarde Herzinsuffizienz mit Ödemen, stark diuretische Wirkung
  • Irisdiagnostische Hinweiszeichen: Zeichen für Feuchtigkeitsstockung (Wolken, Tophi, nebelartige Zeichen) in Kombination mit Schwächezeichen im Milz-Sektor (Abdunkelung, Lakunen, Lockerungszeichen, Krypten)
  • Konstitutionstherapie: Hydrogenoide Konstitution, plethorische Konstitution, melanchologene Konstitution
  • Besonderheiten: Die heutige Haupindikation dieser Pflanze (Myokardinsuffizienz mit Ödemen) dürfte eine Sekundärwirkung der Milzwirkung sein: Die Stimulation sowohl der Schleimbewegung als auch die Ausleitung melancholischer, energetisch blockierender Säfte verbessert die Energieversorgung auch des Herzens. Die Ausleitung überschüssiger Feuchtigkeit entlastet das Herz zusätzlich.

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Autor und ©: Friedemann Garvelmann www.trad-nhk.org