BLOG August 2023
Die Energie-Situation in der konstitutionellen Irisanalyse

Teil 3

Fortsetzung der Erläuterung möglicher Einflussfaktoren auf die Energiebilanz des Gesamtorganismus:
ad 5 und 7: Schärfen haben immer wesentlichen Einfluss auf die Energiesituation des Organismus, indem sie die humoralen Qualitäten der Nährsäfte pathogen verändern.

In der praktischen Arbeit ist es ausreichend, zwischen gelbgalligen (cholerischen) und schwarzgalligen (melancholischen) Schärfen zu differenzieren.

Schärfen manifestieren sich augendiagnostisch in Fremdpigmenten: Gelbe, braune und orange Pigmente zeigen cholerische Schärfen. Schmutzig-braune, ocker / beige, grau-schwarze Pigmente lassen melancholische Schärfen erkennen. Zu den Schärfe-Zeichen zählt auch das leuchtend helle Weiß, als Hinweis auf azide Diathese, die im humoralen Sinne aber auch nichts anderes ist als eine Schärfenbelastung mit meist gelbgalliger Qualität.

Die qualitative Gemeinsamkeit beider ‘Gallen’ ist die Trockenheit. Das bedeutet, dass die physiologische Feuchtigkeit – und damit die Energiereserven – durch gelb- und schwarzgallige Schärfen stets reduziert wird.

Cholerische Schärfen (= pathologische Hitze) sind zwar für hyperkinetische Symptome verantwortlich und steigern damit den Energieverbrauch, können aber fehlende physiologische Wärme nicht kompensieren. Dieser Mechanismus kann in einen circulus vitiosus münden.

Melancholische Schärfen reduzieren nicht nur in pathogener Weise sowohl das Wärme- als auch das Feuchtigkeitsprinzip, sondern blockieren zusätzlich Vitalprozesse.

Therapeutische Zielvorgaben:
Bei cholerischer Schärfenbelastung: Anregung der Elimination, primär über das Leber-Galle-System, z.B. mit Taraxacum ø, Chelidonium ø, Podophyllum D4 uam.
Bei melancholischer Schärfenbelastung: Anregung der Elimination der Milz, z.B. mit Scolopendrium, Grindelia, Ceanothus uam.

ad 6: Der Abtransport von Überschuß-Säften und Schärfen aus den Geweben zu den Eliminationsorganen ist ebenfalls ein energieintensiver Prozess, der aber zwingend notwendig ist, um die interstitielle Transitstrecke ‘frei’ zu halten.

Es sind zwei sehr häufig zu sehende Konstitutionen, deren pathophysiologisches Thema genau diese Aspekte im Zentrum hat: Die hydrogenoide und die plethorische Konstitution.

Die hydrogenoide Konstitution erkennt man iridologisch an neblig-wolkigen Verwischungen oder Wolken in der mittleren Ziliarzone. Im braunen Auge zeigt sich meist eine milchige Verschmierung der mittleren Ziliarzone unter dem braunen Pigment, wie in Bild 5.

Humoralmedizinisch liegt hier ein Übermaß kalten Schleims vor, der aufgrund des Energiemangels nicht bewegt werden kann. Im wissenschaftlichen Denkmodell handelt es sich dabei um Störungen der osmotischen Grundfunktionen, wodurch das ‘Strömungsgefälle’ zwischen Interstitium und dem lymphatischen und venösen Fließsystem nicht ausreichend aufgebaut werden kann. Folge: Feuchte Überfrachtung aller Gewebe, was sowohl den interstitiellen Nährstrom, als auch den Abtransport ausscheidungspflichtiger Säfte blockiert.

Therapieansatz: Individuelle Konstitutionstherapie


Bildbeschriftung: Hydrogenoide Konstitution auf sanguinogener (hämatogener) Basis

Weitere konstitutionelle Merkmale: Atonisch-asthenisch, gastrisch, spasmophile Diathese

Die plethorische Konstitution ist augendiagnostisch leicht an der generell oder sektoral erweiterten Krausenzone erkennbar. Häufig sind auch Transversalen in der Krausenzone vorhanden. Jedes dieser Zeichen ist auch allein Hinweis auf passive Stauungszustände in den Fließsystemen (= Plethora). Auch durch diesen pathophysiologischen Mechanismus wird der Abtransport ausscheidungpflichtiger Säfte verhindert, mit den o. g. Folgen.

Therapieansatz: Individuelle Konstitutionstherapie. Linaria ø hat sich hierbei sehr bewährt (Bezugsquelle: www.phytopharma.at)


Bildbeschriftung: Plethorische Krausenektasierung zwischen 1:30 und 4:30 mit deutlicher Abdunkelung der Krausenzone (der helle Spinkterring in der Krausenzone hat irisdiagnostisch keine Bedeutung!), Zwischen 5 und 8 Uhr viele Transversalen und aberate Fasern.

Konstitutionelle Merkmale: Plethorisch, lymphatisch-hypoplastisch auf lymphatischer Basis, azide Diathese
ad 8: Die Bedeutung des Interstitiums als zentralem Ort sämtlicher Stoffwechsel- und Regulationsprozesse kann heute als bekannt voraus gesetzt werden.

Daher spielen die interstitiellen Grundfunktionen auch eine entscheidende Rolle im Energiehaushalt des Organismus, weil sie an allen oben beschriebenen Funktionen beteiligt sind.

Die Labilität sämtlicher interstitieller Funktionen ist das pathophysiologische Thema der mesenchymal-hypoplastischen Konstitution. Daher muss bei betroffenen Personen auch mit komplexen energetischen Defiziten gerechnet werden.

Das irisdiagnostische Erkennungsmerkmal ist das ‘zerrissene’ vordere Stromablatt.

Beispiele für konstitutionstherapeutische Mittel: Silicea, Calc. silicicum, Alumen, Equisetum.


Bildbeschriftung: Typische mesenchymal-hypoplastische Konstitution mit dunklem Begleitschatten (der helle Spinkterring in der Krausenzone hat irisdiagnostisch keine Bedeutung!) Der Lipidring steht humoralmedizinisch für kaltes, nicht verwertbares Phlegma.

Weiteres konstitutionelles Merkmal: Plethorisch

In den Augenbildern wird deutlich, dass die beschriebenen energetischen Aspekte selten nur durch ein Phänomen in der Iris erkennbar sind, sondern meist durch Zeichen-Kombinationen, aus deren Verknüpfung der Augendiagnostiker präzise den individuellen humoralen Hintergrund der Defizite in der Energiebilanz analysieren kann. Dies als Basis eines Therapiekonzeptes, das weit über die indikationsorientierte Behandlung der aktuellen Krankheitssituation hinaus geht.

Dieser Artikel wurden aufgrund des Umfangs in mehrere Teile unterteilt, die wir in den letzten Newslettern veröffentlicht haben. In den kommenden Newslettern wird „Das Feuchtigkeitsprinzip in der konstitutionellen Irisanalyse“ Thema sein.

Autor und ©: Friedemann Garvelmann www.trad-nhk.org