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Der Darm in der Traditionellen Europäischen Medizin

Teil 2

Im letzten Newsletter wurde die Bedeutung des Darmes aus Sicht der Traditionellen Medizin aufgezeigt und gleichzeitig ausgiebig auf die Verdauung und Coctio eingegangenen. Wie dargelegt, ist ausreichend Wärme der Organe, der Fluss der Säfte sowie eine intakte Trias Lymphsystem-Schleimhaut-Symbiontenflora die Grundlage eines funktionierenden Gastrointestialtraktes.

Der Nährstoffbedarf für die Stoffwechselvorgänge wird über das enterale Nervensystem geregelt und zeigt sich durch das Gefühl des Hungers.

„Natürlicher Hunger“ ist der Bedarf des Gewebes an bestimmten Nährstoffen zur Bewerkstelligung seiner Stoffwechselaufgaben. Daher zeigt dieser Hunger das Bedürfnis an spezifischen Nährstoffen an. Das Defizit soll zunächst durch Stoffe aus dem Interstitium, dem System der Grundregulation gedeckt werden; der benötigte Stoff wird an den Ort des Bedarfs gezogen. Fehlt der Stoff im Interstitium, so wird der Bedarf zunächst aus den zirkulierenden Säften oder den Depots gedeckt. Fehlen im Organismus die benötigten Stoffe, kann zur Deckung der Bedürfnisse auf körpereigene Ressourcen zurückgegriffen werden. Das ist etwa bei speziellen Aminosäuren der Fall. Ist eine Bedarfsdeckung auf diese Art nicht möglich, entsteht ein Mangel wie bei Mikronährstoffen.

Entscheidend für die unproblematische Versorgung des Organismus ist der optimale Fluss im Gewebe sowie die Zirkulation des Blutes. Für die Versorgung bedarf es ausreichend physiologischer Wärme. Sind nun alle Speicher geleert, muss der Organismus auf Nährstoffe aus der Außenwelt zurückgreifen. Diese Form des Hungers wird als „animalischer Hunger“ bezeichnet und bezieht sich ebenfalls auf den Bedarf von Wasser und Luft. Der animalische Hunger ist daher bewusst gewordener Nährstoffbedarf.

Raffinierte Nahrungsmittel befriedigen lediglich den animalischen Hunger. Aufgrund des Nährstoffmangels können sie den natürlichen Hunger allerdings nicht stillen. Die betroffenen Menschen sind ständig hungrig und erleiden folglich immer wieder Heißhungerattacken.

Durch den Mangel an Vital- und Aromastoffen, wie etwa den Bitterstoffen, fehlen dem Körper die für die Assimilation nötigen Substanzen, jedoch auch jene, die für die Ausscheidung der Schärfen und Abfallprodukte erforderlich sind. Diese von dem Mediziner und Autor Dr. Max Otto Bruker als „Konserve“ oder „Nahrungspräparaten“ bezeichnete Nahrung kann der Körper nicht richtig verwerten. Der Mensch kann diese Kost nicht denaturieren und schiebt den Brei weiter an den Dünndarm, welcher dieser ihm zugeschobenen Aufgabe nicht gewachsen ist. Er öffnet seine Schleusen. Diese nicht physiologische Öffnung der tight-junctions ist als Leaky-Gut-Syndrom bekannt. Weitere Ursachen hierfür können neben der heutigen Ernährung die üblichen anderen Verdächtigen wie etwa Stress, Rauchen, Medikamente und fehlende Bewegung sein. Dem Körper werden nicht nur mehr Schadstoffe zugeführt, sondern auch die Sanguifikation verringert und dadurch die Ausscheidung gedrosselt.

Die Qualität der Humores wird bestimmt durch die Qualität des Chylus und der zugeführten Nahrung sowie durch die Kraft der Verdauungsorgane. Die Funktion der Organe gelingt störungsfrei, wenn die Qualität der Nährsäfte hoch ist. Dies reduziert die Menge der Schärfen sowie deren Pathogenität. Durch physiologische Wärme wird sowohl der Nährstrom als auch der Klärstrom in Fluss gehalten. Da diese Abläufe sehr energieintensiv sind, hängt auch diese Funktion von der Qualität der Nahrung ab.

Die Verdauung ist ein komplexer Vorgang. „Wie im Innen, so im Außen“ zeigt sich dies auch in der komplexen Welt, in der noch vor 150 Jahren viele Dinge unbekannt waren, wie beispielsweise die Industrialisierung, mediale Vernetzung oder work-life-balance. In Bezug auf unsere Nahrung sind ethische Überlegungen, Umweltverschmutzung und das Tempo der Verfügbarkeit ausschlaggebend geworden. An uns liegt es die Nahrung, die Natur um uns herum, die Menschen und Tiere, schlussendlich alles Wahrnehmbare und nicht Wahrnehmbare zu schätzen und all dem mit Respekt und Liebe zu begegnen.

Beginnen wir bei uns selbst! Nehmen wir uns wichtig, hören wir in uns hinein, schenken wir uns selbst mehr Achtsamkeit, widmen wir unserem Bauchgefühl mehr Beachtung und damit unseren Darm. Es lohnt sich!

Text zur Verfügung gestellt von
Mag.a pharm. Dr. Gabriele Kerber-Baumgartner
www.apotheke-hofwiese.at