BLOG September 2023
Das Feuchtigkeitsprinzip in der konstitutionellen Irisanalyse

Teil 2

ad 2: Die Fähigkeit, die Nahrung so zu assimilieren, dass sowohl ihr Wärme- als auch Feuchtigkeitsprinzip nutzbar wird, hängt maßgeblich davon ab, wie weit der Organismus in der Lage ist, mit der für die Coctio notwendigen physiologischen Wärme in ‘Vorleistung’ treten zu können.

Davon hängt ab, welche Qualität das Phlegma bekommt, das aus der Nahrung entsteht.

Irisdiagnostisch sind in diesem Zusammenhang alle Abdunkelungen in der Krausenzone von besonderer Bedeutung. Damit wird ein Defizit der physiologischer Wärme erkennbar, was wiederum für die Entstehung übermäßig viel kalter Feuchtigkeit verantwortlich ist, die zudem nicht ausreichend bewegt wird. Daraus resultieren Phlegma-Stauungen, die sich v.a. im Lymphsystem und in den Schleimhäuten manifestieren und so zu Schleimhautschwellung, häufig mit katarrhalischen Ersatzausscheidungen, führen. Irisdiagnostisch wird dies erkennbar durch die unter Punkt 3 beschriebenen Phänomene. In der praktischen Anwendung bedeutet dies: Immer wenn in der Ziliarzone Feuchtigkeitszeichen erkennbar sind, sollte den Helligkeitsbedingungen in der Krausenzone besondere Beachtung geschenkt werden. Ist hier eine Abdunkelung oder ein Begleitschatten sichtbar, zeigt dies die humorale Ursache für die Phlegmavermehrung und -stagnation und sollte mit Priorität im Therapiekonzept berücksichtigt werden: Tonisierung des kalten Magens mit Bitterpflanzen.

Bildbeschriftung: Konstitutionelle Merkmale: Hydrogenoid, atonisch-asthenisch. Viele gelbgallige Pigmente. Deutliche Abdunkelung in der Krausenzone und am Ziliarrand.

ad 3: Übermäßiges stagnierendes und zudem in vielen Fällen mit Schärfen verunreinigtes Phlegma ist die Basis aller Varianten der lymphatischen Konstitution: Lymphatisch hyperplastisch, lymphatisch-hypoplastisch und katarrhalisch-rheumatisch. Ein anderer pathophysiologischer Mechanismus liegt der hydrogenoiden Konstitution zugrunde, aber auch hier steht kalte, stagnierende Feuchtigkeit im Zentrum.

Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die spezifische Pathophysiologie der genannten Konstitution detailliert zu beschreiben. Dazu wird auf die aktuelle Fachliteratur verwiesen*. Irisdiagnostisch bestehen aber leicht erkennbare Gemeinsamkeiten: Wolkige, flockige (Tophis) und nebelartige Phänomene in der Iris stehen prinzipiell für übermäßiges, kaltes, und deshalb unzureichend bewegtes Phlegma.

Begleitende Pigmente zeigen zusätzliche kakochyme Schärfenbelastung und sind damit untrüglicher Hinweis auf Skrofulose, die sich mit ihrer gesamten pathologischen Vielfalt manifestieren kann.

Die Lokalisation dieser Zeichen, v.a. entsprechend der zirkulären Topografie, lässt einerseits die Hintergründe der Feuchtigkeitspathologie erkennen, gibt andererseits aber auch Hinweise darauf, wie der Organismus darauf reagiert: Wolkige Verdichtungen der Blut-Lymph-Zone sind Hinweis auf Defizite der ersten Coctio. Deshalb ist der im Dünndarm resorbierte Nahrungssaft qualitativ zu kalt. Dieses Defizit kann in der zweiten und dritten Coctio nicht mehr kompensiert werden. Die daraus resultierenden Defizite in der Versorgung der Organe wiederum führen zu deren Funktionsminderung, was stets mit gesteigerter Produktion von Schärfen einher geht.

Da diese humoralen Pathomechanismen konstitutionell determiniert sind, werden sie zeitlebens immer wieder Ursache unterschiedlicher Krankheiten sein. In solchen Fällen sind es maßgeblich die Informationen aus der Augendiagnose, die die notwendige therapeutische Zielrichtung vorgeben. Dabei gibt es bzgl. der Wahl der Therapiemethoden meist verschiedene Optionen, diese Ziele zu erreichen.

Lesen Sie mehr zu den irisdiagnostischen Phänomenen athologische Zustände der Punkte 4 bis 5 in den folgenden Newslettern.

Literatur:

1. Garvelmann / Raimann: “Humoralmedizinische Praxis”, Band 1 & 2; 2. erweiterte Auflage; Bacopa-Verlag (2018)
2. Garvelmann: “Konstitutionsmedizin”; Bacopa-Verlag (2018)
3. Raimann, C. et al.: “Grundlagen der Traditionellen Europäischen Naturheilkunde”, 2. Auflage, Bacopa-Verlag (2013)

Autor und ©: Friedemann Garvelmann www.trad-nhk.org